TD 1500 ist Lichtjahre davon entfernt, ein ganz normaler Plattenspieler zu sein. Zweifellos ist er ein integraler Bestandteil der Bemühungen, die Marke Thorens unter Wahrung der langjährigen Tradition weiterzuentwickeln, und so gibt es auch für den TD 1500 ein klassisches Vorbild. Sie ahnen es – das ist der TD 150. Jener, eher unscheinbare Riemenantriebler, der 1965 das Licht der Welt erblickte und Vorbild für so viele berühmte Plattenspieler werden sollte – nicht zuletzt für den Linn LP 12!
Der TD 150 war das erste Modell, bei dem ein abgesetztes Subchassis per Federaufhängung von der Plattenspielerzarge entkoppelt aufgehängt wurde, was zu einer deutlich verbesserten Entkopplung von Trittschalleinflüssen und Motorvibrationen führte. Auch der per Flachriemen angetriebene Subteller war eine Neuerung. Diese zentralen konstruktiven Elemente finden sich auch beim TD 1500 wieder – und noch viel mehr, wie wir noch sehen werden. Das, was es da aus dem Karton zu schälen gilt, fasst sich erst einmal erfreulich gut an. Eine fein hochglänzende umlaufende Zarge, die Basisplatte aus naturfarben eloxiertem Aluminium. Für die Aufstellung des Gerätes braucht’s eine solide gerade Fläche, der TD 1500 verfügt nämlich über keine Möglichkeit zu Nivellierung. Will sagen: Die vier dämpfenden Gerätefüße sind nicht in der Höhe verstellbar. Nächster Schritt: Das Entfernen der beiden Sterngriffschrauben, die das Subchassis beim Transport im Zaum halten. Der TD 1500 ist ein „richtiger“ Subchassis- Plattenspieler, bei dem die entscheidenden Komponenten auf einer separaten Metallplatte angeordnet sind, sprich: Tellerlager und Tonarm. Einer der Unterschiede zum Urmodell besteht darin, dass die Lage des Subchassis nunmehr ohne größeren Aufwand von oben verstellbar ist, was seinerzeit beim TD 150 durchaus schwierig war. Nötig indes ist solcherlei Treiben nicht: Das Gerät ist diesbezüglich ab Werk präzise vorjustiert. Der weit rechts hinten angeordnete Tonarm stört die Balance des Subchassis naturgemäß, weshalb seine Masse mittels eines Gewichts unter dem Subchassis vorne rechts kompensiert wird. Resultat: eine sauber kolbenförmig schwingende Angelegenheit, wie sich durch Antippen leicht feststellen lässt.
Eine der zumindest für mich größten Überraschungen ist zum Teil ebenfalls am Subchassis montiert: der geregelte Antrieb des Gerätes. An der Tellerachse ist eine Impulsgeberscheibe angebracht, deren Signale von einem entsprechenden Sensor an die Motorsteuerung weitergeleitet werden. Die steuert den Gleichstrommotor so an, dass die Nenndrehzahl gehalten wird. Gewiss, das gibt’s bei anderen Laufwerken auch, aber die spielen üblicherweise in ganz anderen Preisklassen als der neue Thorens. Sehr löblich, mit Drehzahlabweichungen oder gar -schwankungen hat der Anwender nichts mehr zu tun, die Anordnung gleicht sogar Riemenverschleiß bis zu einem gewissen Grad aus.
Der Plattenteller des TD 1500 ist ein einteiliges Leichtmetallgussteil, das an der Unterseite mit einem Steg versehen ist, auf dem der Antriebsriemen läuft. Ein separater Subteller wie beim Urahn ist hier nicht mehr erforderlich. Die schwere Gummimatte, die den Teller ruhig stellt, erinnert dafür unbedingt an die gute alte Zeit, genauso wie der klassische Knebelschalter für die Geschwindigkeitswahl. Der Transfer der althergebrachten Technik in die Neuzeit scheint mir an dieser Stelle rundum gelungen.
Das gilt auch für den neuen Tonarm TP 150. Der J-förmig gebogene Arm ähnelt ohne Zweifel dem auf dem TD 124 DD verbauten TP 124, die Ideen hinter beiden sind sehr ähnlich. Wieder hat Designer Helmut Thiele ein paar interessante Ideen aus dem Hut gezaubert, die den Arm zu etwas Besonderem machen. Der mit 14 Gramm typisch mittelschwere TP 150 trägt am vorderen Ende ein SME-kompatibles Headhsell, dass Experimenten mit Tonabnehmern Tür und Tor öffnet. Zur „Normalausstattung“ des TD 1500 gehört ein vorjustierter MM-Abtaster vom Typ Ortofon 2M Bromze, einzeln rund 350 Euro teuer und in der MM-Hierarchie des dänischen Herstellers ziemlich weit oben angesiedelt. Doch halt: Da war doch was mit dem TA 1500 aus der letzten Ausgabe, das Thorens gerüchteweise hat eigens für den TD 1500 entwickelt hat? Die 800-Euro- Preziose haben wir natürlich ebenfalls probiert.
Der fein höhenverstellbare und sogar beim Azimut korrigierbare TA 150 verfügt über ein Feature, das mir besonders gut gefällt, weil auf eine raffinierte und ungewöhnliche Art realisiert: das Antiskating. Helmut Thiele wollte keine außen am Tonarm liegenden Ausleger und Fäden, die die schön klare Linie des Arms kompromittiert. Also verlegte er die Technik kurzerhand ins Innere, genauer gesagt: In den Liftausleger. Zu diesem Zweck tritt unten aus dem Armrohr ein unauffälliger Faden aus, der durch einen harten Rubinring ins Innere des Auslegers geführt wird. Dort greift er an einem in der horizontalen Ebene liegenden Ausleger an, der den Faden über ein verschiebbares Gewicht belastet und damit wunschgemäß am Tonarm zieht. Die Verstellung des Gewichtes erfolgt mit einem beiliegenden Stift, sonst käme man etwas schlecht da heran.
Dieses Subchassis liegt also schwimmend unter der sichtbaren Zargendecke verborgen und hat zur Zarge keine direkte Verbindung. Kontaktstellen sind einzig ein paar Kabel, der Flachriemen sowie die drei Federn, die mit der darauf ruhenden Gesamtmasse von Subchassis, Teller und Arm ein mechanisches Tiefpassfilter bei einer Frequenz von etwa 2-3 Hertz bilden. Höherfrequente Störungen kommen da praktisch nicht durch. Auch nicht das typische Rumpel- und Vibrationsspektrum einfacher Synchronmotoren, die meist prägnant bei 50, 100, 150 Hertz und so weiter ruckeln, zuckeln und summen. Wenngleich das Hauptaugenmerk marketingseitig meist mehr auf externen Störungen wie etwa Trittschall lag, ist die entscheidende Leistung der Subchassis-Bauweise eher die perfekte Entkopplung der Abspielebene vom eigenen Motor.Aufbau und Anschluss des TD 1500 erweisen sich als völlig problemlos. Letzteres auch deshalb, weil das Gerät über ein Anschlussfeld sowohl mit Cinch- als auch mit XLR-Buchsen verfügt und Sie so verkabeln können, wie es in Ihrer Kette am besten passt.
Der Einbau des im Headshell vorjustierten Abtasters gelingt mit zwei Handgriffen, das Einstellen von Auflagekraft und Antiskating geht ebenfalls problemlos. Die ersten Töne liefert unser TD 1500 mit dem Ortofon- MM und verdammt – warum höre ich doch gleich normalerweise mit Plattenspielern für satt fünfstellige Beträge? Tatsächlich nämlich liefert das hier ein fein ziseliertes, präzises und bestens strukturiertes Klangbild, das es an nichts mangeln lässt.
Beweise zuhauf dafür liefert nicht zuletzt der tolle Sampler „Tribute To A Legend“, den Gunter Kürten selbst zusammengestellt hat und den wir im letzten Heft schon vorgestellt haben. Der TD 1500 macht das knackig und ungehemmt, den eröffnenden „Jazzrausch“ präsentiert er nicht nur voluminös und tiefreichend, Snare und Toms haben zudem richtig „Knack“, die Bläser Charme und Inbrunst, die Stimme Grip und Durchsetzungsvermögen. Ein bisschen erinnert das tatsächlich an den mehr als zehnmal so teuren Clearaudio Reference Jubilee. Das soulighitzige „Let‘s Start“ von Fela Kuti durchpflügt der Thorens lässig-gekonnt und strukturiert das Geschehen vorbildlich. Ich mag seinen kräftigen Ton, kombiniert mit ordentlich Drive. Verve und Schmiss zeigt das Gerät auch bei Ryan Adams‘ großartigem Carnegie Hall-Konzert, das hat so gar nichts mehr mit der leicht abgerundeten Normalität zu tun, die ich mit dem TD 150 von damals verbinde. Gerade bei Ryan Adams tut sich nach dem Wechsel auf das großartige TAS 1500 jedoch noch Einiges. Die Bühne geht nochmals auf, wir sind noch näher dran am Geschehen, trotzdem vermittelt das Gespann die erstaunlich intime Atmosphäre der beiden Konzerte extrem überzeugend. Billy Talents neue Vollgashymne „Reckless Paradise“ hingegen gefällt mir mit dem hemdsärmeligeren MM fast noch etwas besser, der unnachahmlichen frühen Rickie Lee Jones wiederum steht den Schmelz des MCs zweifellos besser. Hüben wie drüben jedoch ist das ein großartiger Plattenspieler für alle Lebenslagen!
Old Slowhand Clapton steht mal wieder voll bis zum Rand auf der Bühne des Budokan Theatre in Tokio, greift tief in die Seiten und legt die beste Version von „Wonderful Tonight“ hin, die er jemals in Vinyl schneiden ließ. Das Album (Slowhand) ist zwar ähnlich betagt wie ein TD 150, klingt über den aktuellen Nachfolger allerdings wie frisch gestrichen. Clapton selbst scheint ungewohnt fragil, seine Stratocaster strahlt aber voll lebendiger Wärme, scheinbar von allem Irdischen befreit. Hier stellt sich das erste Mal eine beginnende Gänsehaut ein, was nicht immer bei einem neuen Plattenspieler vorkommt. Das neu entwickelte Subchassis verhilft dem TD 1500 zu einer stoischen Gleichmut, arbeitet gleichzeitig feinsinnig und sensibel genug, um der Musik nicht auch nur einen Hauch von Energie zu nehmen.Mit dem TD 1500 verbindet Thorens Tradition und Moderne wieder einmal bravourös. Eine Freude in Sachen Bedienung und HaptikFazit
UVP: mit Ortofon Bronze 1.998,- EUR